Ansprache auf der Trauerfeier von Heinrich (Heinz) Fricke am 4. Januar 2014 in Grasleben

Beerdigung Onkel HeinzDie folgende Ansprache hat mein Onkel Karl zur Trauerfeier von meinem vor kurzem verstorbenen Onkel Heinz gegeben.

Ansprache auf der Trauerfeier von Heinrich (Heinz) Fricke am 4. Januar 2014 in Grasleben.

Liebe Trauergemeinde,
bitte gestatten Sie mir, aus der Sicht des Bruders einige Worte des Gedenkens zu sagen.

Liebe Kinder und Enkelkinder, liebe Mariely, liebe Freunde,

in der Familie Fricke waren bisher die Familien- und Geschäftschronik identisch. Vier Generationen haben für das Geschäft gelebt und ihr Privatleben zurückgestellt, denn dem Ansehen und dem Erfolg – heute sagt man dem positiven Image – der Kaufhaus Fricke KG hatte sich alles unterzuordnen.

Auch Heinz, der Erstgeborene, hatte sich diesem Anspruch bedingungslos zu fügen. Denn besonders in den 30er Jahren wurde permanent gebaut und eine Abteilung nach der anderen – stets am Familientraditionstag, dem 9. November- eröffnet. Die Eltern Willi und Anni verfügten über ein Wohnzimmer von 6 qm und träumten von einem Laden der mehrere hundert haben sollte.
Da stand Heinz nur im Wege. Aber das war sein Glück – denn so verbrachte er einen Großteil seiner Kindheit bei den mütterlichen Eltern – bei Dorothea und Friedrich Lindenkohl in Hildesheim.

Sein Großvater baute Stickstoffwerke in aller Welt und faszinierte den Jungen durch seine Reiseberichte und impfte ihm die Affinität zur Technik ein und lehrte ihn sehr früh, für seine Überzeugungen einzustehen, denn Friedrich Lindenkohl war ein Mann des Widerstandes im Dritten Reich.
Der Krieg machte aus dem Jungen bald einen jungen Mann, der seiner Mutter mit Rat und Tat zur Seite stehen musste. Sie nannte ihn von da ab – mit 15 Jahren -„ der Große“. Die im Freiherr von Stein Internat erworbenen Englischkenntnisse konnte er gewinnbringend nach der Kapitulation und der Beschlagnahme des Wohn- und Geschäftshauses einsetzen. Er half seiner Mutter bei der Beschaffung einer Zusatzverpflegung für das Lazarett in der Schule und organisierte bei der Besatzung Nahrungsmittel, die gesammelt an einem bestimmten Wochentag den Graslebern zugeteilt wurden.
Heinz wurde Erwachsen als sein Vater traumatisiert und mit unrealen Zukunftsillusionen bepackt aus dem Krieg heimkehrte Er wurde zum Zeugen und Mittler einer tiefgreifenden Sinnkrise, die Ehe und Geschäft in große Gefahr brachte.

Da stand für ihn fest – er musste sobald wie möglich selbst ins Geschäft. Und das tat er pflichtbewusst, obwohl seine technischen Interessen ihm auch eine andere Laufbahn ermöglicht hätten, bereits 1949 als Lehrling und verließ es erst wieder als Inhaber nach 43 Jahren, als die Umstände ihn zwangen, die Kaufhaus Fricke KG nach hundertzehn jährigem Bestehen in der 4. Generation zu schließen.
1956 heiratete er seine Gerda, eine Lebensmittelkauffrau mit gleicher Ausbildung wie er, wurde Prokurist, erweiterte und modernisierte das Geschäft und baute und baute wie sein Vater, um in dem Konglomerat von Gebäuden zwischen Kirch- und Schulstraße effizienter und wettbewerbsfähiger wirtschaften zu können.
Nebenbei kamen die Kinder zur Welt – erst Beate und dann Heinrich – aber die Familie fand erst zu sich selbst, nachdem die Eltern auf den Windmühlenberg gezogen waren und die vierköpfige Familie nach zehn Jahre Ehe über eine eigene abschließbare Wohnung verfügte.
Natürlich war Heinz schon als junger Mann der Freiwilligen Feuerwehr und auch den Grasleber Schützen beigetreten, aber er übernahm auch ehrenamtliche berufliche Tätigkeiten z.B. im Aufsichtsrat der EDEKA Helmstedt und deren Folgeorganisationen und viele Jahre als Mitglied der Prüfungskommission für Kaufmannsgehilfen der Lebensmittelbranche.
Endlich 1972 wurden sie Herren im eigenen Geschäft und die Familie traf sich auf der wunderschönen Dachterrasse zu Gerdas großen Kuchenfesten. Auch wir die Brüder Willi und ich waren mit unseren Familien häufig zu Gast. Der Spaziergang an der Grenze war immer eine schöne Usance.

Die Wiedervereinung brachte für einige Jahre nochmals einen geschäftlichen Höhepunkt, doch als sich die Wettbewerbslage für Heinz und Gerda drastisch verschlechterte, haben sie sich 1992 in den mehr als verdienten Ruhestand zurückgezogen.
Aber das Rentnerglück dauerte nicht sehr lange. Nach einer eigentlich geglückten Operation wurde Gerda infolge einer Hirnembolie zur Apallikerin, die im Wachkoma fast zwei Jahre dahindämmerte. Täglich besuchte Heinz seine Frau im Pflegeheim und hoffte auf ein Wunder. Jede kleinste Regung des hilflosen Körpers erweckte neue Hoffnungen – 2004 starb Gerda einen Erlösungstod.

Gott sei Dank fügte sich das Schicksal noch einmal günstig für ihn.
Innerhalb seines Freundeskreises lernte er Mariely kennen, schätzen und lieben mit der er zehn schöne, selbstbestimmte und harmonische Jahre verbringen durfte. In Ilten lebte er als Privatmann nun ohne Rücksicht auf frühere Frickesche Konventionen in Marielys schönem Haus und Garten. Sie genossen Kunst in der nahen Großstadt, sie reisten allein und in Gemeinschaft und versorgten sich und ihren Hund. Er war voll und ganz in ihrer Familie aufgenommen.
Ein glückliches Paar – bis die Krankheit ihn nicht mehr aus den Fingern ließ. Auch nun ließen sie nicht von einander los – Mariely pflegte ihn aufopferungsvoll zu Hause bis zu seinem letzten Atemzug.
Wir, die Familie Fricke, sind Frau Mariely Klöpper-Post zu großem Dank verpflichtet.
Von uns gegangen ist der Chef unserer verzweigten Familie. Der Letzte, der aus eigenem Erleben alles bekunden konnte – wir die Weiterlebenden müssen uns auf sein Zeugnis berufen.
Wir werden sein Andenken immer ehren.
Ruhe in Frieden !

Basthorst, den 4, Januar 2014 KF

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