Heute bin ich durch Heise Online auf die vorgeschlagene Richtlinie zur Kinderpornografie gestoßen und bin bei der Definition der Selben stutzig geworden. Anbei ein Auszug aus der Richtlinie…
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Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:
(a) „Kind“ jede Person unter achtzehn Jahren;
(b) „Kinderpornografie”
(i) jegliches Material mit Darstellungen eines Kindes, das an realen oder simulierten eindeutig sexuellen Handlungen beteiligt ist, oder
(ii) jegliche Darstellung der Geschlechtsorgane eines Kindes für primär sexuelle Zwecke; oder
(iii) jegliches Material mit Darstellungen einer Person mit kindlichem Erscheinungsbild, die an realen oder simulierten eindeutig sexuellen Handlungen beteiligt ist oder jegliche Darstellung der Geschlechtsorgane einer Person mit kindlichem Erscheinungsbild für primär sexuelle Zwecke; oder
(iv) realistische Darstellung eines Kindes, das an eindeutig sexuellen Handlungen beteiligt ist oder realistische Darstellung der Geschlechtsorgane eines Kindes, unabhängig von der tatsächlichen Anwesenheit des Kindes, für primär sexuelle Zwecke;
<zitatende>
Daraus entstehen für mich mehr Fragen als Antworten. Kann jemand genauer definieren was unter (b)(ii) als “primär sexuelle Zwecke” gemeint ist? Wie unterscheidet sich das von “eindeutig sexuellen Handlungen”?
Wird mit “Darstellung” auch Computergenerierte, also nicht existierende Abbildungen gemeint? Auch Zeichnungen?
Versteh ich das richtig, das sich nach (b)(iii)
– ein Bürger, der über 18 Jahre alt ist, aber jünger aussieht, strafbar macht wenn dieser Fotos / Videos von sich in eindeutig sexuellen Handlungen macht?
– ein Bürger, der Fotos/Videos in “eindeutig sexuellen Handlungen” von einem weiteren Bürger hat der älter als 18 ist aber jünger aussieht, sich strafbar macht?
Sehr wundert mich die Präzisierung von (b)(iv): “unabhängig von der tatsächlichen Anwesenheit des Kindes”. Meint der Gesetzgeber hiermit, dass hier jemand geschützt werden muss, den es gar nicht gibt?
Ich sehe ein, dass Maßnahmen gegen Kinderpornografie notwendig sind, möchte anhand der folgenden drei Beispiele zeigen warum ich die vorgeschlagene Richtlinie als Schuss in den Ofen halte:
a) Ich habe eine einjährige Nichte und meine Schwester schickt mir gelegentlich Bilder in denen meine Nichte so nackt ist, wie sie auf die Welt gekommen ist. Nach dieser neuen Richtlinie mache ich mich strafbar, da ich nicht vermeiden kann, dass diese Abbildungen in den Augen eines Dritten als “eindeutig sexuellen Handlungen” ausgelegt werden.
b) Ich wurde in meiner Kindheit oft nackt fotografiert. Man kann auf vielen Bilden mein Geschlechtsteil sehen. Wer entscheidet ob es sich hier um “primär sexuelle Zwecke” handelt? Mache ich mich strafbar, wenn ich diese Fotos auf meiner Webseite/Computer habe?
c) Jugendliche machen gern mal Fotos/Videos/Zeichnungen von sich selbst, inklusive solche, die “primär sexuelle Zwecke” vermuten lassen. Gelegentlich teilen jugendliche Paare diese Darstellungen miteinander. Zielt diese Richtlinie darauf normales Sexualverhalten von Jugendlichen strafbar zu machen?
Dies sind nicht die einzigen Beispiele bei denen diese Richtlinie ganz normales Verhalten strafbar machen würde. Ich sehe daher das Europaparlament in der Pflicht diese Punkte nachbessern zu lassen und/oder zu präzisieren.
UPDATE 21.10.2010: Hab von Sven Giegold (Member of the European Parliament) einen interessanten Link zugeschickt bekommen. Es handelt sich um eine Stellungnahme von der MOGiS e.V. zu diesem dem Thema. Erscheint mir sachlich und unterstützungs würdig.